Für viele Branchen ist die aktuelle Situation mehr als herausfordernd: Steigende Kosten für Energie und Rohstoffe erfordern Preisanpassungen, gleichzeitig kommt es immer öfter zu Liefer- und Produktionsengpässen. Verständlich, dass Ihre Kunden nicht begeistert sind, wenn sie mehr zahlen müssen – und es dann möglicherweise noch zu weiteren Unvorhersehbarkeiten kommt. Egal, ob es sich dabei um menschliches Versagen oder höhere Gewalt handelt: Entscheidend ist, dass Sie als Unternehmer oder Verkäufer ins Fehlermanagement gehen und offen kommunizieren. Worauf es dabei vor allem ankommt, lesen Sie in diesem Beitrag.
Keine Kommunikation ist auch keine Lösung
Zugegeben, mit einem Verantwortlichen bei der Lufthansa möchte ich aktuell auf keinen Fall tauschen: Tag für Tag laufen die Hotlines heiß, Beschwerde-E-Mails türmen sich, Service-Mitarbeiter am Boden bekommen die geballte Wut enttäuschter und erschöpfter Passagiere ab. Antworten, Erklärungen, Entschuldigungen? Die meisten haben nichts dergleichen bekommen. Wer momentan nicht zwingend fliegen muss, ist gut damit beraten, es nicht zu tun oder aufs Auto umzusteigen. Die Bahn ist ja aktuell auch keine gute Idee „dank“ des 9-Euro-Tickets … Ich frage mich: Hat eigentlich mal einer dran gedacht, welche Auswirkungen diese Aktionen auf die Bestandskunden haben? Nicht wenige werden langfristig enttäuscht sein – und möglicherweise dem Unternehmen den Rücken kehren.
Und das gilt nicht nur für die Kunden der Lufthansa und anderer Flugunternehmen oder der Bahn, sondern auch für Ihre Kunden, wenn Prozesse plötzlich nicht mehr rundlaufen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein schlichtes Versäumnis Ihrerseits als Verkäufer handelt oder ob höhere Gewalt zu Unregelmäßigkeiten führt. Ich bin beispielsweise Ende Mai mit einem meiner Fahrzeuge liegen geblieben. Sowas passiert, keine Frage. Tatsache ist allerdings, dass der Wagen jetzt seit über sechs Wochen in der Werkstatt steht – und nichts passiert. Warum? Weil das Ersatzteil nicht aufzutreiben ist und in den Sternen steht, wann der Hersteller nachproduzieren kann. Das ist wirklich ärgerlich, da ich den Wagen eigentlich dringend brauche. Doch für mich als Kunde ist das gar nicht der ausschlaggebende Punkt. Entscheidend ist nicht, dass etwas passiert ist – sondern wie mir das kommuniziert wird.
Im Falle der Werkstatt tat sich nämlich erst mal gar nichts. Meine Assistentin hat schließlich rausbekommen, dass ein Teil fehlt und der Wagen deswegen auf nicht absehbare Zeit nicht fahrbereit sein würde. Ein proaktiver Anruf von Seiten der Werkstatt? Fehlanzeige. Statusupdates bekäme ich auch keine, wenn ich nicht selbst immer wieder nachfragen würde. Kommunikation ist in solchen Fällen das A und O!
Fehlermanagement: Alle müssen an einem Strang ziehen
Die Lufthansa hat inzwischen an ihre Kunden eine personalisierte E-Mail verschickt, in der sie sich für die teils chaotischen Reisebedingungen entschuldigt und verspricht, mit Hochdruck an einer Lösung zu arbeiten. An sich ist das schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Der Haken daran: Eine solche E-Mail bewirkt beim Kunden eher das Gegenteil, wenn sie zwei Minuten nach der Meldung eintrudelt, dass der gebuchte Flug gecancelt wurde. Oder wenn er seit einer Stunde in der Warteschleife hängt und versucht, das Schicksal seines Gepäckstücks zu klären. Und währenddessen spielt die Lufthansa-Tochter Eurowings immer noch gewollt lustige Werbeanzeigen in den Social Media aus, um ihre Zusatzleistungen an den Mann zu bringen. Kein Wunder, dass da dem ein oder anderen die Hutschnur platzt, wenn er diese Werbung auf Instagram während des stundenlangen Wartens vor der Sicherheitskontrolle sieht. Gerade, wenn es Herausforderungen gibt, muss die Kommunikation von allen Seiten an einem Strang ziehen!
Ich frage mich in so einer Situation, ob diese Unternehmen kein klar geregeltes Fehlermanagement haben? Eine Art Notfallplan, wo genau vorgegeben ist, wie die nächsten Schritte aussehen. Wie kommuniziert wird, was den Kunden als Entschädigung angeboten werden kann und so weiter. Ich fahre hier schon sehr lange gut mit der ISCA-Formel, die ich Ihnen im Folgenden kurz vorstellen möchte.
Fehlermanagement nach ISCA
ISCA steht konkret für:
- I did it: Rufen Sie Ihren Kunden an und sagen Sie offen und ehrlich, was schiefgelaufen ist. Und zwar so schnell wie möglich. Sie werden sehen: Damit nehmen Sie auch dem größten Ärger Ihres Gegenübers erst mal den Wind aus den Segeln.
- Sorry: Entschuldigen Sie sich. Auch dann, wenn der Kunde gerade tobt. Bleiben Sie ruhig und gelassen, anstatt sich provozieren zu lassen.
- Correction: Schieben Sie ungefragt ein Angebot hinterher, mit dem Sie Ihren Fehler wiedergutmachen können. Signalisieren Sie, dass Sie Ihr Gegenüber ernst nehmen und sich dafür einsetzen, die Sache so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen.
- Analysis: Die Kuh ist vom Eis? Sehr gut. Entscheidend ist, die Sache jetzt nicht zu vergessen, sondern stattdessen nachzuforschen, wie es so weit kommen konnte. Wie wahrscheinlich ist es, dass sowas nochmal passiert? Was können Sie ändern, damit es keine Wiederholungen gibt?
Klar mag es bei einem international tätigen Konzern wie der Lufthansa in Sachen Fehlermanagement etwas komplizierter und umfangreicher sein. Doch im Grunde sollten auch dort diese vier Punkte schon dabei helfen, wütende Kunden zu beschwichtigen – und zu halten. Aus meiner Sicht sind Ehrlichkeit, Höflichkeit und Schnelligkeit die höchsten Gebote im Umgang mit Fehlern – egal, wie groß oder klein diese sind.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg und Glück auf!
Ihr Martin Limbeck