„Keine Ahnung, das hat immer Herr Franken gemacht. Schauen Sie mal im Archiv nach, vielleicht sind da noch welche von seinen Unterlagen …“ Eine Situation, die sich so oder so ähnlich immer wieder in Unternehmen abspielt. Der Vertriebsleiter oder ein Key Account Manager verlässt den Betrieb – ohne, dass eine vernünftige Übergabe stattgefunden hat. Das schadet nicht nur dem Unternehmen, sondern legt dem Nachfolger gleichzeitig unnötige Steine in den Weg!
Egal, ob ein Mitarbeiter pensioniert wird, intern die Stelle wechselt, kündigt oder ein Sabbatical nimmt – das alles geschieht nicht über Nacht. Ich kann daher nicht nachvollziehen, warum Unternehmen immer wieder sehenden Auges den Wissensverlust in Kauf nehmen. In der Regel bleiben Wochen oder sogar Monate, um Know-how weiterzugeben, idealweise einen Nachfolger einzuarbeiten und so weiter. Wissen Sie, warum solche Prozesse oft nur rudimentär funktionieren? Weil die Prioritäten falsch gesetzt werden. Zugegeben, der Vertrieb ist eine Welt für sich. Sicherlich kennen Sie es selbst, dass das Tagesgeschäft Ihnen manchmal keine Zeit für strategische Themen lässt. Doch diese Zeit müssen Sie sich nehmen – und sie ebenfalls von Ihren Mitarbeitern einfordern. Ein weiterer Pferdefuß: In vielen Unternehmen fällt oft erst auf, dass eine Person wichtiges Schlüsselwissen hatte, wenn nach ihrem Weggang auf einmal Dinge schieflaufen. Ein unternehmerisches Risiko, dass vermeidbar ist!
Schlagkräftige Teams teilen ihr Wissen
Aus meiner Sicht ist eine „Übergabe“ auch nur eine Notlösung. Für wesentlich effizienter halte ich einen kontinuierlichen Wissenstransfer, an dem sich alle Vertriebsmitarbeiter beteiligen – und entsprechend auch alle vom so entstehenden kollektiven Wissen profitieren können. Falls Sie sich jetzt fragen: „Wie bitte, Wissen freiwillig teilen, und das im Vertrieb?“ Ja, Sie haben richtig gelesen. In der heutigen Zeit können Unternehmen nur erfolgreich sein, wenn alle an einem Strang ziehen. Einzelne Spitzenverkäufer reichen nicht mehr aus, um für volle Auftragsbücher und schwarze Zahlen zu sorgen. Statt gegenseitigem Misstrauen und hartem Wettkampf sollten Vertrauen und Zusammenarbeit im Mittelpunkt stehen.
Zugegeben: Es wird eine Weile dauern, alte Muster aufzubrechen. Umso wichtiger, dass Sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Ich informiere mein Team regelmäßig über spannende Wissensinhalte, von denen ich denke, dass meine Mitarbeiter davon profitieren können. Das sind zum Beispiel Artikel, Bücher oder Studien. Ich setze mich auch öfter mit ihnen zusammen und wir spielen konkrete Situationen durch, rufen reihum Kunden an, besprechen die Telefonate danach und so weiter.
Wissen identifizieren, speichern und zugänglich machen
Doch wie lässt sich dafür sorgen, dass das Wissen aller systematisch zur Verfügung steht – selbst dann, wenn Mitarbeiter das Unternehmen verlassen? Zum einen ist ein gut gepflegtes CRM Gold wert, damit sämtliche Kundenkontakte nachvollzogen werden können, Präferenzen und Herausforderungen sofort ersichtlich sind. Darüber hinaus halte ich es jedoch für sehr sinnvoll, eine Art „Wissensdatenbank“ anzulegen. So, wie Sie es von Wikipedia und Co. kennen.
Im ersten Schritt gilt es herauszufinden, wer in Ihrer Mannschaft welche Expertise hat. Hier bietet es sich an, eine Liste zu führen und diese abschließend im Team zu sichten, damit keine wichtigen Themen vergessen werden. Positiver Nebeneffekt: So binden Sie alle Teammitglieder in das Projekt mit ein und motivieren sie, kontinuierlich an der Datenbank zu arbeiten. Es bringt nichts, wenn die Idee nach wenigen Monaten im Sande verläuft. Im nächsten Schritt geht es an das Befüllen: Wichtig ist hier eine klare Regelung, wer was bis wann und in welcher Form liefert. Je nach Inhalt können Formulare sinnvoll sein, Argumentationsmuster für bestimmte Produkte, Gesprächsleitfäden für verschiedene Situationen, Fotodokumentationen von Vorträgen und Präsentationen und so weiter. Außerdem sollte geklärt werden, wo und in welcher Form die Inhalte abgespeichert werden. Etwa auf einem bestimmten internen Laufwerk oder in einer eigens dafür eingerichteten „Learning-Cloud“. Möglicherweise gibt es in Ihrem Unternehmen bereits ein System, in welches das „Wissens-Wiki“ integriert werden kann? Inzwischen gibt es für solche Projekte auch bereits Lösungen, die speziell auf die Bedürfnisse von Vertriebsorganisationen zugeschnitten sind.
In diesem Sinne: Nutzen Sie die Schwarmintelligenz Ihrer Vertriebsmannschaft!
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche – mit Motivation, die bleibt.
Martin Limbeck