Führungsverantwortliche im Vertrieb haben es aktuell nicht leicht. Kick-off-Meetings, Mitarbeitergespräche, Onboarding – alles nur möglich ohne persönlichen Kontakt. Wie es Führungskräften gelingt, bestmöglich mit diesen Veränderungen umzugehen und worauf beim Remote Leading zu achten ist? Das erfahren Sie in diesem Beitrag sowie in der zugehörigen Podcast-Folge mit Tim Niemeier, selbst Führungskraft im Vertrieb für medizinische und chirurgische Produkte.
Remote Leading: Fünf Themen, die Führungskräfte neu denken müssen
Machen wir uns nichts vor: Wir sind im vergangenen Frühjahr alle ins kalte Wasser gestoßen geworden. Remote Leading? Für die meisten Führungskräfte war das absolutes Neuland. Gefühlt über Nacht war nichts mehr so, wie es mal war. Viele haben sich auf die Schnelle Übergangskonzepte überlegt. Und wenn wir mal ehrlich sind, war auch eine Menge Learning-by-Doing dabei. Inzwischen ist ein Jahr vergangen und es ist noch nicht absehbar, wann wir wieder zu einer Art Normalität zurückkehren können. Oder ob das überhaupt möglich ist. Hier sind gute digitale Lösungen gefragt, solange es nicht anders geht. In den Fokus rücken sollten Führungskräfte vor allem die folgenden fünf Themen:
- Onboarding: Neue Mitarbeiter komplett virtuell willkommen zu heißen, ist eine große Herausforderung beim Remote Leading. Doch auch das ist möglich. Entscheidend ist, früh genug alle Vorbereitungen zu treffen, damit der neue Kollege ab dem ersten Tag voll arbeitsfähig ist. Liefern Sie das benötigte Equipment rechtzeitig zu ihm nach Hause, vereinbaren Sie Videokonferenzen, damit „der Neue“ die Kollegen kennenlernen und mit der Einarbeitung starten kann. Wie wäre es mit einer „virtuellen Kaffeepause“?
- Mitarbeitergespräche: Mir kam es zu Beginn der Pandemie auch seltsam vor, plötzlich mit meinen Sales-Stars Einzelgespräche via Zoom oder Teams zu führen. Doch das hat sich inzwischen gut eingespielt. In einigen Unternehmen haben die Führungskräfte jetzt sogar öfter Kontakt zu ihren Verkäufern als vor der Krise – und während früher primär telefoniert wurde, nutzen auf einmal alle wie selbstverständlich die Webcam ihrer Laptops und Smartphones.
- Kaffeeküchen-Talk: In vielen Unternehmen hieß es gerne, dass die Mitarbeiter zu viel Zeit mit Plaudereien an der Kaffee-Maschine vertrödeln. Seit das nicht mehr möglich ist, hakt jedoch oftmals auch der Informationsfluss. Wir sind alle Menschen – und Menschen brauchen den Kontakt und den Austausch miteinander! Ich kann Ihnen daher nur dringend anraten, digitale Möglichkeiten zu schaffen. Bei uns gibt es eine WhatsApp-Gruppe, in der Neuigkeiten und auch mal Scherze ausgetauscht werden. Wir treffen uns gerne zu einem gemeinsamen Feierabend-Bier via Zoom. Wir haben eine Zoom-Weihnachtsfeier veranstaltet. Klar ist das alles kein vollwertiger Ersatz, doch es wird Ihrer Mannschaft guttun!
- Weiterbildung: Seminare sind in vielen Unternehmen bis auf Weiteres von der Agenda gestrichen worden. Oft mit dem Argument, dass vertriebliches Know-how nur in Präsenzveranstaltungen gut vermittelt werden kann. In den letzten Monaten konnten wir viele begeisterte Kunden vom Gegenteil überzeugen. Alles eine Frage von Didaktik, Auf- und Vorbereitung! Auch remote kann der Impact auf die Mannschaft groß sein. Und gerade jetzt sollten Sie Ihre Leute fit machen für die Herausforderungen, die auf uns zukommen. Abwarten ist die falsche Entscheidung, wenn es um Weiterbildung geht.
- Incentives: Wird es große Vertriebskonferenzen zum Jahresauftakt wieder geben? Das steht noch in den Sternen. Klar sind digitale Events eine Option – allerdings lässt sich die Stimmung eines Kick-Off-Meetings nicht so leicht reproduzieren, wenn jeder Vertriebsmitarbeiter allein vor seinem Rechner sitzt. Eine Option kann es sein, solche Events teils live, teils remote stattfinden zu lassen. Ein kleiner Kreis, beispielsweise das Vertriebsmanagement, ist vor Ort, für den Außen- und Innendienst wird das Programm live übertragen inkl. Carepaket, geliefertem Mittagessen und so weiter. Hier müssen wir kreativ werden!
Digitalisierung: nicht weniger Menschen, sondern mehr Effizienz
In den vergangenen Monaten haben wir ein paar große Schritte in Richtung Zukunft getan. Doch ich bin überzeugt davon, dass die Digitalisierung im Vertrieb erst am Anfang steht. In den Arabischen Emiraten wird aktuell ein Roboter mit einer KI-Komponente gebaut, der als Einkäufer fungieren soll. Eine spannende Entwicklung, wenn Sie mich fragen. Das allein ist jedoch noch kein Grund, in Panik zu verfallen. Die Robotik hat ihre Berechtigung in Bereichen, wo die präzise Arbeit von Maschinen den Menschen überlegen ist und sie dabei unterstützt, noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Ich denke hier etwa an den medizinischen Bereich, sowohl im OP als auch in der Forschung. Doch im Vertrieb?
Natürlich wird der Einsatz von Analytics und digitalen Tools auch hier zunehmen. Doch nicht mit dem Ziel, Arbeitsplätze einzusparen. Klug eingesetzt, kann die Digitalisierung im Vertrieb dabei helfen, die vorhandenen Ressourcen anders zu verteilen und noch effektiver zu nutzen. Die Technik ist jedoch noch lange nicht so weit, dass sie Menschen im Sales ersetzen kann. Menschen brauchen Menschen und kaufen schlussendlich auch von Menschen. Und das wird sich auch nicht so schnell ändern.
Viel Erfolg und Glück auf!
Ihr Martin Limbeck